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15-Minuten-Städte: Ein Städtebaukonzept, das unsere Lebensweise verändern könnte

Urban, Downtown, City

Im Laufe der Geschichte haben Krankheiten und Pandemien immer wieder die Entwicklung unserer gebauten Umwelt geprägt und beeinflusst – und COVID-19 war da keine Ausnahme. Als die Pandemie Millionen von Stadtbewohnern weltweit dazu zwang, sich monatelang auf ein hyperlokales Leben einzustellen, begannen immer mehr Stadtplaner zu verstehen, wie wichtig eine gute Verkehrsanbindung und die fußläufige Erreichbarkeit von Stadtzentren ist.

Ein besonderes Konzept, das Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris, in ihrer Wiederwahlkampagne 2020 erfolgreich nutzte, fand weltweit Anklang: Hidalgo schlug vor, innerhalb von Paris „15-Minuten-Städte“ zu schaffen, um „Umweltverschmutzung und Stress zu reduzieren“.

Seither haben auch andere Großstädte – darunter New York, Melbourne, Seoul, Bogota und viele mehr – ähnliche Pläne vorgestellt. Angesichts der zunehmenden politischen und gesellschaftlichen Bedeutung dieses Konzepts stellt sich die Frage, worum es sich bei einer 15-Minuten-Stadt handelt.

Was ist eine 15-Minuten-Stadt?

Eine 15-Minuten-Stadt ist ein dicht besiedeltes Stadtgebiet, in dem ein Bewohner den Großteil seiner alltäglichen Bedürfnisse in einem Gebiet befriedigen kann, das in fünfzehn Minuten zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar ist.

Auch wenn der Begriff „15-Minuten-Stadt“ offiziell im Jahr 2016 vom französisch-kolumbianischen Wissenschaftler Carlos Moreno entwickelt und geprägt wurde, um unter anderem der Vorherrschaft des Autos entgegenzuwirken und die städtische Nachhaltigkeit zu verbessern, ist die Idee nicht neu. Sie wurde erstmals in den 1920er Jahren in den USA von dem Stadtplaner Clarence Perry als Konzept für Nachbarschaftseinheiten eingeführt, das auf die Schaffung fußgängerfreundlicherer Städte abzielte, und auch heute noch im Rahmen der New Urbanism Bewegung genutzt wird.

Weltweit ging die Stadtentwicklung in den folgenden Jahrzehnten dennoch größtenteils mit einer stetig wachsenden Zunahme des Pkw-Verkehrs Hand in Hand. Infolgedessen bestehen die meisten modernen Städte aus nicht miteinander verbundenen „Zonen“ für unterschiedliche Aktivitäten und Bedürfnisse wie Handel, Wohnen, öffentliche Einrichtungen oder Industrie. Dies kann lange Wege, eine hohe Umweltbelastung sowie soziale Probleme – beispielsweise durch das Fehlen erschwinglichen Wohnraums – bedeuten.

Da für Städte auf der ganzen Welt nach neuen Wegen gesucht wird, mit denen die Lebensqualität der Bevölkerung gefördert und die Widerstandsfähigkeit gegen den Klimawandel verbessert werden kann, stehen ein Jahrhundert nach den ersten Überlegungen zu diesem Thema 15-Minuten-Städte wieder auf der Tagesordnung der Stadtplaner.

Welche Vorteile bieten 15-Minuten-Städte?

Auch wenn die 15-Minuten-Stadt nicht überall als universelle Lösung für mehr städtische Lebensqualität in Frage kommt, so bietet das Konzept doch eine Fülle attraktiver Vorteile für Gemeinden, die es umsetzen können.

Die offensichtlichsten Vorteile von 15-Minuten-Städten sind ökologischer Natur: Dank des geringeren Energiebedarfs und des niedrigeren Verkehrsaufkommens können 15-Minuten-Städte die CO₂-Emissionen und die Umweltverschmutzung drastisch reduzieren.

Eine fußgänger- und radfahrerfreundliche Stadt fördert auch die soziale Gerechtigkeit, denn sie ermöglicht auch denjenigen Einwohnern, die nicht über ein Auto verfügen, den Zugang zu öffentlichen Einrichtungen und Dienstleistungen sowie zu Bildungs-, Berufs- und Kulturangeboten. Gerade in einer Zeit, in der mehr und mehr Menschen unter Bewegungsmangel und dessen gesundheitlichen Folgen leiden, kann mehr Fortbewegung mittels eigener Muskelkraft das Wohlbefinden der Menschen sehr fördern. Gleichzeitig trägt das Gefühl der Verbundenheit in einer engagierten Gemeinschaft dazu bei, Einsamkeit und Isolation, die für viele Menschen in der Stadt bis dato zum Alltag gehören, zu bekämpfen.

Zweifellos kann die Zeit- und Arbeitsersparnis, die das Leben in einer 15-Minuten-Stadt mit sich bringt, uns helfen, unsere Zeit und Energie in das zu investieren, was wirklich wichtig ist und uns befähigt, gemeinsam an der Gestaltung einer besseren Zukunft für uns und unseren Planeten zu arbeiten.

Wioleta Osuch

Wioleta Osuch

Wioleta ist die Kommunikations- und Marketingmanagerin bei dormakaba Polen. Sie leitet den polnischen dormakaba Blog und ist verantwortlich für die Planung, Publikationen, Weiterentwicklung und Promotion.