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Ultra-Breitband-Technologie: Wie eine alte Idee moderne Zutrittskontrolle reformieren kann

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Die Ultra-Breitband-Technologie (UWB) ist so alt wie das Radio. Sie wurde erstmals 1901 vom italienischen Erfinder Guglielmo Marconi eingesetzt, der per Knallfunkensender Morsecode-Sequenzen über den Atlantik schickte.

Innerhalb von fünfzig Jahren begannen die Streitkräfte, Ultra-Breitband-Technologie einzusetzen, da diese die höchsten Standards für eine sichere und zuverlässige Kommunikation bot. Während die Nutzung von UWB bis ins 21. Jahrhundert auf militärische Zwecke beschränkt blieb, ist es dank gesetzlicher Änderungen nun auch möglich, diese Technologie für die alltägliche Datenübertragung zu nutzen.

Die kommerzielle Nutzung von UWB-Technologien nimmt weiter zu und viele zukunftsorientierte Unternehmen sind sich des Potenzials bewusst, das diese Technologie bietet, um Sicherheit und Komfort auf ein neues Niveau zu heben.

Wie funktioniert Ultra-Breitband-Technologie?

Die UWB Alliance, eine Non-Profit-Organisation, beschreibt UWB als „eine einzigartige Funktechnologie, die extrem niedrige Energieniveaus für Nahbereichsfunkkommunikation mit hoher Bandbreite über einen großen Teil des Funkspektrums nutzen kann“.

Während bei Schmalband-Technologien wie Bluetooth oder WiFi Signale in Datenpaketen übertragen werden, geschieht dies bei UWB in einer Folge von kurzen Impulsen. Das Verfahren ist nicht immun gegen einige technische Herausforderungen. Es besitzt jedoch nach wie vor die einzigartige Fähigkeit, Informationen zu senden oder zu empfangen und gleichzeitig die Entfernung zwischen Sender und Empfänger zu messen.

Das sogenannte „Laufzeitverfahren„, mittels dessen man die Zeit ermittelt, die ein Impuls benötigt, um vom Sender zum Empfänger zu gelangen, erleichtert den Prozess. Diese Besonderheit macht UWB einzigartig sicher, da sie den Empfänger zweifelsfrei die Entfernung vom Sender erkennen lässt.

Wie kann Ultra-Breitband-Technologie die Zutrittskontrolle verbessern?

Nach Angaben der UWB Alliance verfügt UWB über zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten, die in zahlreichen Branchen zur Anwendung kommen, die von Verbesserungen wie z. B. genauerer Ortung, Navigation, Tracking, Sicherheitsüberwachung, Bildverarbeitung, Detektieren und Datenkommunikation profitieren können. Dabei sind die Potenziale von UWB bei Zutrittskontroll- und Sicherheitstechnologien besonders bemerkenswert.

Die Automobilindustrie arbeitet bereits daran, den UWB-gestützten Zugang zu ermöglichen. Volkswagen ist einer der ersten, der sich die einzigartigen Sicherheitsmerkmale von UWB zunutze machen, die es dem deutschen Automobilhersteller ermöglichen, einen digitalen Autoschlüssel herzustellen. Neben der Möglichkeit, digitale Schlüssel an andere Personen zu senden, schützt die UWB-Technologie Autobesitzer vor Relais-Angriffen. Ein sogenannter Relais-Angriff oder Relay Station Attack beschreibt die Methode des Autodiebstahls, bei der das Vorhandensein eines Schlüssels vorgetäuscht wird, indem das Signal von bzw. zu dem entfernt liegenden, autorisierten Schlüssel bzw. Auto verstärkt wird.

Neue Impulse für die Einführung der Ultra-Breitband-Technologie

Der zukunftsweisende Technologieriese Apple hat sein Augenmerk auf die Integration von UWB gerichtet, um Datenzugriff sicherer und benutzerfreundlicher denn je zu gestalten. Apple gab bekannt, dass UWB in den U1-Chips seines iPhone11 verbaut ist. Daher ist das iPhone11 in der Lage, andere mit UWB ausgestattete Geräte genau zu lokalisieren und mit ihnen zu kommunizieren. Der Technikgigant beschreibt diese moderne Anwendung von UWB als „GPS in der Größenordnung eines Wohnzimmers“ und das Technologiemagazin WIRED bezeichnet sie gar anerkennend als „Bluetooth auf Steroiden“.

Jüngst hat Apple seine Zusammenarbeit mit BMW im Hinblick auf digitale Autoschlüssel angekündigt. Andere führende Automobilhersteller werden diesem Kurs wahrscheinlich folgen.

Im wahrsten Sinne des Wortes „reibungsloser“ Zutritt für mehr Sicherheit und Komfort

Mit dem Vordringen der Ultra-Breitband-Technologie in die Automobilindustrie gerät der Fokus auch auf andere mögliche Anwendungen, die unter dem Stichwort „reibungsloser“ Zutritt zusammengefasst werden. Durch UWB-betriebene, intelligente Sensoren ist es möglich, auf Räume, Gebäude oder Autos zuzugreifen, ohne dafür mehr als ausschließlich ein Mobiltelefon oder eine Smartwatch mit sich führen zu müssen.

Ultra-Breitband-Technologien ermöglichen den sogenannten „reibungslosen“ Zutritt, ohne die Sicherheit zu gefährden. Sie erlauben den Zutritt zu einem Bereich, ohne das Nutzererlebnis zu beeinträchtigen.

Riet Cadonau, Verwaltungsratspräsident und CEO der dormakaba-Gruppe

„Aus diesem Grund haben wir vor einigen Jahren begonnen, in diese Technologie zu investieren und wir freuen uns, dass unsere Vision eines sicheren und dennoch komfortablen Zutritts nun bald Wirklichkeit wird“, fügt Riet Cadonau, Verwaltungsratspräsident und CEO der dormakaba-Gruppe, hinzu.

Boris Danev, Mitbegründer und CEO von 3db Access, schließt sich Cadonau an. Die in der Schweiz ansässige Firma von Boris Danev entwickelt integrierte UWB-Chiptechnologie mit niedrigem Stromverbrauch für sichere, kontaktlose Zutrittskontrollen im Automobil- und Konsumgüterbereich.

Der sichere Zugriff auf das Auto sei nur eine der unzähligen Anwendungsmöglichkeiten von UWB-Technologien, äußerte Danev. Darüber hinaus würden Ultra-Breitband-Technologien sowohl die persönliche als auch die industrielle Sicherheit erhöhen.

Neue Standards für eine breitere Akzeptanz

Gegenwärtig arbeiten mehrere Organisationen und Konsortien wie IEEE, die UWB Alliance, FiRa und Profibus/omlox an der Festlegung der Standards für UWB. Die Definition solch offener Standards ist die Grundlage für den Aufbau sogenannter interoperabler UWB-Ökosysteme, in denen Mobiltelefone, Smartwatches und elektronische Schlüssel reibungslos mit intelligenten Schlössern und Tags zur Verfolgung von Sachwerten oder Geräten verschiedener Anbieter zusammenarbeiten.

Zwar bietet UWB-gestützter Zutritt nahezu unbegrenzte Einsatzmöglichkeiten, jedoch befindet er sich noch in einem frühen Stadium der Einführung. Für eine breite Akzeptanz der Ultra-Breitband-Technologie werden aller Voraussicht nach In den kommenden Jahren im Rahmen der Einführung noch viele Diskussionen und Gespräche erforderlich werden, die sich prägend auf Zutrittstechnologien auswirken und die die Vordenker zu diesem Thema inspirieren werden.

Dr. Andreas Haeberli

Dr. Andreas Haeberli

Andreas ist der Chief Technology Officer der dormakaba Gruppe. Er ist Mitglied des Verwaltungsrates der 3db Access AG und der börsenkotierten Gesellschaften Komax und Kardex. Er gehört dem industriellen Beirat für Maschinen- und Verfahrenstechnik der ETH an und ist Mitglied der Forschungskommission von Swissmem. Andreas hat an der ETH Zürich in technischen Wissenschaften promoviert.