Obwohl die Tourismusindustrie aufgrund der COVID-19-Pandemie erhebliche Rückschläge erlitten hat, ist sie immer noch eine der am schnellsten wachsenden Branchen der Welt. Gab es 1950 international nur 25 Millionen Reiseankünfte, so waren es 2019 bereits knapp 1,5 Milliarden – und ab 2022 werden die Zahlen schnell wieder das Niveau vor Ausbruch der Pandemie erreichen.
Das Wachstum im Touristikbereich kann zwar die lokale Wirtschaft stärken, den Horizont erweitern und Kulturen verbinden, gleichzeitig bringt es aber auch eine Reihe von Problemen mit sich, wie beispielsweise steigende Treibhausgasemissionen, Overtourism und den Verlust der Authentizität von Reisezielen. Allerdings haben gerade diese Probleme den nachhaltigen Tourismus aufkommen lassen, der ebenfalls in schwindelerregendem Tempo wächst.
Die Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen (UNWTO) beschreibt nachhaltigen Tourismus als
Tourismus, der seine derzeitigen und künftigen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen in vollem Umfang berücksichtigt und den Bedürfnissen der Besucher, der Branche, der Umwelt und der Gastgebergemeinden Rechnung trägt.
Definition von nachhaltigem Tourismus durch die Welttourismusorganisation der Vereinten Nationen (UNWTO)
Dieses Marktsegment hat im Jahr 2022 bereits einen geschätzten Wert von 1.000 Milliarden US-Dollar. Bis 2032 wird dieser Wert voraussichtlich auf 8.400 Milliarden US-Dollar ansteigen.
Viele Reisende verlieren das Interesse an großen Ferienanlagen, die auf Massentourismus ausgerichtet sind, und bevorzugen kleinere, umweltfreundliche Einrichtungen. Vor dem Hintergrund steigender Investitionen in nachhaltigen Tourismus – und damit auch in das Hotelgewerbe -, verdeutlichen die folgenden vier Beispiele die Möglichkeiten und Chancen umweltfreundlicher Hotels.
Majara-Residenz (Insel Hormuz, Iran)
Die im Persischen Golf gelegene Insel Hormuz war einst ein strategischer Punkt zur Kontrolle der Erdöltransporte aus dem Nahen Osten. Die Insel ist berühmt für ihre farbenfrohe Landschaft, die an surrealistische Gemälde erinnert, und trägt den Spitznamen „Regenbogeninsel“.
Das in Teheran ansässige Architekturbüro ZAV Architects hat die Majara Residence, eine Ferienanlage, so entworfen, dass sie sich nahtlos und doch spielerisch in die natürlichen Formen und Farben der Insel einfügt. Das Ergebnis sind 200 farbenfrohe Kuppeln, die auf einer innovativen, von Nader Khalili entwickelten Technik namens SuperAdobe beruhen. Dabei handelt es sich um eine einfache Bauweise mit Stampflehm und Sand, die aus lokalen Ressourcen stammen. Die Rohstoffe werden in kompakte Päckchen abgefüllt und ringförmig übereinandergestapelt.
„Oft besteht die Lösung der Architektur für die Gestaltung von Unterkünften am Meer in einer hohen, aufgeständerten Struktur, die die umliegende Landschaft überblickt“, erläutert das Architekturbüro die Idee hinter diesem Projekt. “ In Hormuz haben uns vor allem die Farben, die uns umgeben, den Mut gegeben, so kühn zu sein wie die Insel.“
The 7th Room (Harads, Schweden)
Treehotel, eine Sammlung von Gästesuiten in Schwedisch-Lappland, die Besuchern „Baumzimmer“ bietet, hat 2017 das The 7th Room in seine Sammlung aufgenommen.
Das vom norwegischen Architekturbüro Snøhetta errichtete The 7th Room schwebt zehn Meter über dem Boden. Es ist auf 12 Pfeilern errichtet, die zusammen mit den dunklen Kiefernvertäfelungen der Fassaden zur Verringerung der optischen Auswirkung des Baus im Wald beitragen. Die baumhausartige Lodge windet sich um den Stamm einer hohen, robusten Kiefer.
„Das Design des The 7th Room zielt darauf ab, Mensch und Natur einander näher zu bringen, indem die Wohnbereiche der Hütte nach außen erweitert werden und der Übergang zwischen Innen und Außen weiter verschmilzt“, so die Architekten gegenüber Dezeen.
THE MURAKA (Insel Rangali, Malediven)
THE MURAKA im Conrad Maldives Rangali Island ist die erste Unterwasservilla der Welt. Dieses ultra-luxuriöse Hotel verfügt über eine zweistöckige Suite fünf Meter unter dem Meeresspiegel, die ein völliges Eintauchen in die tropische Unterwasserwelt ermöglicht.
Der an ein Aquarium erinnernde, unter Wasser liegende Raum ist entweder über eine Wendeltreppe oder einen privaten Lift erreichbar. Eine um 180 Grad gewölbte Kuppel schließt den Raum ab, und er ist so sicher gebaut, dass er einem Tsunami standhalten würde. Die Dekoration ist einfach gehalten, damit sich die Gäste auf die Schönheit des tropischen Gewässers konzentrieren können.
Die Villa ist über einen langen Holzsteg mit dem Festland verbunden, sodass all jene, die gewillt sind, die erforderlichen rund 50.000 US-Dollar pro Nacht für die Villa auszugeben, absolute Privatsphäre genießen können.
Projekt Capanne – Huts (Nkombo Insel, Ruanda)
Das von der italienischen Non-Profit-Organisation Sextantio errichtete Projekt Capanne – Huts beweist, dass nachhaltiger Tourismus und umweltfreundliche Unterkünfte für Besucher zugänglich sein können, während sie gleichzeitig der lokalen Gemeinschaft großen Nutzen bringen.
Das Projekt liegt auf Nkombo, der größten Insel im Kivu-See, und grenzt an die Demokratische Republik Kongo. Es besteht aus strohgedeckten Hütten, die sich auf den ersten Blick nicht von den Häusern der Einheimischen unterscheiden. Für den Bau wurden einfache, nicht-elektrische Werkzeuge, Rohstoffe aus der Region und jahrhundertealte Handwerkstechniken verwendet.
Diese rustikalen Lodges sind von den Ausstellungen im Ethnografischen Museum von Ruanda in Butare inspiriert. Sie sind offen gestaltet, so dass die Besucher voll und ganz in das Dorfleben eintauchen und vom Fischer bis zum Korbflechter mit jedem in Kontakt treten können.