Dutzende von Gebäuden wurden zerstört, als ein verheerendes Erdbeben Mexiko-Stadt im Jahr 2017 erschütterte, aber sein glänzender Torre Reforma bekam nur wenige Risse und hielt stand. Oft sagt man: „Nicht Erdbeben töten Menschen, Gebäude töten Menschen„. In erschütterungsgefährdeten Ländern wie Mexiko und Japan verwenden Ingenieure einen Mix aus altbewährten und hochmodernen Techniken, um sicherzustellen, dass die Strukturen standhalten. Die Errichtung von Gebäuden auf beispielsweise riesigen Schockabsorbern, Gleitpendel-oder Gummilagern oder auf tief verankerten, flexiblen Fundamenten und robusten Stahlskeletten kann dazu beitragen, die Auswirkungen starker seismischer Erschütterungen zu reduzieren und ein Gebäude somit erdbebensicher zu gestalten.
Erdbeben bedrohen – statistisch betrachtet – ein Drittel der Weltbevölkerung und gelten als teuerste Naturkatastrophen – nicht nur im Hinblick auf den volkswirtschaftlichen Schaden. Ein Wiederaufbau ist aus diversen Gründen oftmals schlichtweg nicht möglich und ein Neuanfang für die betroffenen Menschen damit selten eine Option. Von Christchurch bis Istanbul rüsten gefährdete Städte daher in großem Stil nach. Doch auch einfache Maßnahmen, wie die Verwendung seismisch resistenter Glasfasern oder bebensicherer Zugangssysteme, können sehr hilfreich sein, indem sie helfen Verletzungen zu reduzieren oder zur schnellen Evakuierung beitragen.
Die im Folgenden beschriebenen fünf architektonischen Meisterwerke setzen weltweit neue Maßstäbe im Hinblick auf Erdbebenrisiken – und dies sowohl in Bezug auf Gebäudesicherheit als auch auf die Sicherheit von Städten, und damit Zukunftssicherung im Allgemeinen.
TAIPEI 101, TAIWAN
Taipei 101 hat ein Geheimrezept für Sicherheit – eine riesige Stahlkugel, die wie ein Pendel schwingt, um Erschütterungen in Falle eines Erdbebens oder Taifuns auszugleichen. Die 660 Tonnen schwere Kugel mit einem Durchmesser von 5,5 Metern, die in den oberen Stockwerken des von der Form einer Pagode inspirierten Wolkenkratzers aufgehängt ist, ist ein Schwingungstilger. Sie soll den 508 Meter hohen Turm, der nur wenige Hundert Meter entfernt von einer tektonischen Bruchlinie verläuft, vor extremen Schwankungen bewahren. Dutzende von Stahlstützen sowie acht betongefüllte Megapfeiler im Inneren von Taipei 101 bilden einen stabilen Rahmen, dessen Steifigkeit durch Quer- und Längsstreben erreicht wird. Die Ingenieure verstärkten das Fundament, indem sie Hunderte von Pfählen tief in den Untergrund einbrachten. Sie sind zuversichtlich, dass Taipei 101 selbst dem stärksten Erdbeben standhalten könnte, das Taiwan in den letzten 2500 Jahren heimgesucht hat.
TORRE REFORMA, MEXIKO-Stadt
In Mexiko-Stadt ist es von entscheidender Bedeutung dafür zu sorgen, dass neue Wolkenkratzer bebensicher gebaut werden, denn die von den Azteken gegründete und auf dem schlammigen Boden eines ausgetrockneten Sees errichtete Stadt ist besonders anfällig für seismische Erschütterungen. Der dreieckige Torre Reforma, der an einem der bedeutendsten Boulevards der Stadt liegt, erinnert von der Form her – durch seine beiden Beton- und eine Glasfassade – an ein aufgeschlagenes Buch und ist so konzipiert, dass er sich bewegen kann. An den Glasfronten befinden sich flexible Scharniere, die über Knautschzonen verfügen, so dass sie sich bei einem Beben verschieben können. Bewegliche Fugen in den Betonaußenwänden des 246 Meter hohen Turms helfen, ein Reißen weitgehend zu verhindern. Die beiden aus massiven Betonmauern bestehenden Fassaden sind zudem sechzig Meter tief im Granitboden verankert, um dem Entwurf des Architekten L. Benjamin Romano Stabilität zu verleihen. Laut Aussage der Ingenieure zeigen simulierte Tests, dass der Torre Reforma jedem Erdbeben der nächsten Jahrtausende standhalten könnte.
SABIHA GÖKCEN TERMINAL, ISTANBUL
Das Sabiha Gökcen Flughafen-Terminal in Istanbul gilt als das größte erdbebensichere Gebäude der Welt und erstreckt sich über eine Fläche fast 400.000 Quadratmetern. Es hält einem Beben von bis zu 8 auf der Richterskala stand. Das Terminal liegt in der seismisch aktiven Zone, in der das Erdbeben von Izmit 1999 über 17.000 Menschen tötete. Es steht auf Hunderten von energieabsorbierenden Isolatoren, die es vom Boden trennen und so potenziell verheerende Seitenkräfte um bis zu 80 Prozent reduzieren. Von Arup entwickelt, bewegt es sich im Gesamten von Seite zu Seite, um Schäden zu begrenzen und Passagiere zu schützen. Durch Tests haben die Ingenieure sichergestellt, dass die Konstruktion bei bis zu vierzehn Erdbebenszenarien standhält.
TRANSAMERIKA-PYRAMIDE, SAN FRANCISCO
Das verheerende Erdbeben von Loma Prieta 1989 war ein Test für die erschütterungsfeste Konstruktion des 48-stöckigen Wahrzeichens. Es bebte und schwankte für eine Minute, blieb jedoch unbeschadet. Als Pyramide konzipiert, deren Form es dem Tageslicht erlaubt, auch zu den Straßen am Fuß des Gebäudes vorzudringen, verleiht die großflächige Grundstruktur der Konstruktion eine hohe Stabilität. Um das Ausmaß der Verwerfung und Erschütterung bei einem Beben zu begrenzen, verwendeten die Ingenieure ein einzigartiges Traversensystem. Die Fundamente aus Stahl und Beton reichen fünfzehn Meter tief in den darunter liegenden Fels und bewegen sich mit den horizontal wirkenden, durch das Beben erzeugten Kräften. Auf der Außenseite verstärken Stahlstangen auf jeder Etage des Gebäudes die vorgefertigte quarzbeschichtete Außenseite.
FA-BO, NOMI CITY
Das japanische Fa-Bo-Gebäude, das von einem leichten Vorhang aus Thermoplast- und Kohlefaser-Stäben ummantelt ist, mag aussehen, als ob es von Spider-Man angegriffen worden wäre, aber das High-Tech-System widersteht Beben und Tsunamis. Der Entwurf des Architekten Kengo Kuma stellt viele erdbebensichere Pläne auf den Kopf, indem er auf die Stärkung der äußeren Gebäudehülle setzt, statt auf die des Gebäudekerns. Der thermoplastische Kohlefaserverbundwerkstoff, der das dreistöckige Betongebäude verankert, ist viel stärker und leichter als Stahl und wurde für seitliche Belastungen über die Fassaden abgewinkelt. Es ist neu, dass Kohlefasern für erdbebensichere Konstruktionen verwendet werden – in einem Land mit 1.500 Beben pro Jahr wahrlich eine Bewährungsprobe.