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Auf dem Weg in eine zirkuläre Zukunft: Können wir Hochhäuser recyceln?

Unsere bebaute Umwelt ist einer der Hauptverursacher des Klimawandels und derzeit für etwa 40 Prozent der jährlichen globalen Emissionen verantwortlich. Von den weltweit täglich 13.000 neuen Gebäuden, die errichtet werden müssen, um die anhaltende Nachfrage aufgrund der raschen Urbanisierung und des prognostizierten Bevölkerungswachstums zu befriedigen, kommen zwangsläufig einige in die Jahre und müssen ersetzt werden.

Wenn ein Gebäude das Ende seiner Nutzungsdauer erreicht hat und abgerissen werden muss, hinterlässt es in der Regel Tonnen von Abfall. Allein in der Europäischen Union fallen jährlich über 450 Millionen Tonnen Bau- und Abrissschutt an. Etwa drei Viertel dieser Abfälle landen auf Mülldeponien. Natürlich hinterlassen größere Gebäude wie Hochhäuser und Wolkenkratzer auch eine größere Menge an Abfall.

Da jedoch das Bewusstsein für das Thema Nachhaltigkeit zunimmt und viele Länder eine Kreislaufwirtschaft anstreben, werden auch neue Lösungen und Verfahren für das Recycling von Hochhäusern entwickelt.

Alte Hochhäuser als Rohstoffquelle

Wie die meisten modernen Gebäude bestehen auch Hochhäuser hauptsächlich aus drei Rohstoffen: Stahl, Glas und Beton.

Stahl, der für fast alle Arten von Infrastrukturen unverzichtbar ist, lässt sich zu 100 Prozent recyceln. Ein im Gebäude genutzer Stahlträger kann in Eisenbahnen, Fahrzeugkarosserien oder anderen Bereichen, in denen Stahl benötigt wird, wiederverwendet werden. Tatsächlich gehört Stahl zu den am effizientesten recycelten Materialien der Welt; nur etwa ein Prozent des Stahls endet als Abfall im Müll.

Dagegen landen Bauglas (ebenfalls zu 100 Prozent recycelbar) und Beton (bis zu 60 Prozent recycelbar) in der Regel ohne weitere Verwertung auf einer Deponie.

Fallstudie: Recycling eines 14-stöckigen Bürogebäudes in Amsterdam

Als in Amsterdam ein 14-stöckiges Gebäude, das in der Region als „Zigarettenanzünder“ bekannt ist, das Ende seiner Nutzungsdauer erreicht hatte, erkannte der Umweltingenieur Michel Baars, dass der Wolkenkratzer in einer neu gebauten Form weiterbestehen könnte.

Baars, der ein Unternehmen für zirkuläre Abrissarbeiten namens New Horizon leitet, bezeichnet sich selbst als „Urban Miner“, d. h. er gewinnt Rohstoffe aus ausrangierten Infrastrukturen und Gebäuden und findet neue Märkte und Verwendungszwecke für sie.

Beim behutsamen Abriss des „Zigarettenanzünders“ demontierten und verpackten Baars und sein Team die Teile des 14-stöckigen Gebäudes. Sie begannen ganz oben, entfernten die Glasfassade und brachten alles zur Wiederverwendung.

Sobald das New Horizon-Team das Grundgerüst des „Zigarettenanzünders“ erreicht hatte, wurden Hochdruckwasser und Diamantsägen eingesetzt, um Säulen, Böden und einen massiven Innenpfeiler, der sich durch das Gebäude zog, zu durchtrennen. Die New York Times lobte diese Bemühungen als „ein seltenes Beispiel für die Verwirklichung eines vollständig zirkulären Denkens in der Praxis“.

Im November 2021 kündigte die Stadtverwaltung von Amsterdam, die zu den Vorreitern in Sachen Nachhaltigkeit gehört, Pläne an, ab 2025 ein Fünftel der neuen Wohnbauprojekte mit biobasierten Baumaterialien zu bauen.

Vom Müll zum wertvollen Gut für eine bessere urbane Zukunft

Eine Studie von McKinsey zeigt, dass die Hersteller in der EU durch Kreislaufwirtschaft jährlich satte 630 Milliarden US-Dollar einsparen könnten. Es besteht kein Zweifel daran, dass ein Cradle-to-Cradle-Ansatz bei Gebäuden ein ausgezeichneter Weg ist, um diesen Wandel einzuleiten.

Die Geschichte des recycelten Wolkenkratzers in Amsterdam verdeutlicht, dass alte Gebäude keineswegs Abfall sind. Sie können neue Formen annehmen, und ihre Rohstoffe können für den Bau unserer Infrastruktur oder der Städte von morgen verwendet werden.

dormakaba Redaktionsteam

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