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Wie „Schwammstädte“ die Risiken des Klimawandels mindern können

Building, City, Urban

Nach Ansicht vieler Historiker und Archäologen haben Städte die Zivilisation in der Art, wie wir sie heute kennen, hervorgebracht. Seit die ersten Städte in Mesopotamien vor Tausenden von Jahren entstanden sind, wächst die globale Urbanisierung unaufhaltsam weiter. Bis 2050 werden mehr als zwei Drittel der Weltbevölkerung in Städten leben – bezogen auf den derzeitigen Bevölkerungsanteil von 55 Prozent also ein sprunghafter Anstieg.

Doch die Städte, die so viel Anteil an der Entwicklung der Menschheit haben, befinden sich heute in einer beispiellosen Krise. Von Dürreperioden in Kapstadt bis hin zum allmählich im Meer versinkenden Jakarta: die Auswirkungen des Klimawandels auf die Städte sind gravierend .

Da die Bevölkerungszahlen der Städte auf der ganzen Welt in die Höhe schießen, sind die Städte auch zu einem großen Teil verantwortlich für den Klimawandel – und für die Lösungen, die dafür bereits in Sicht sind.

Das Konzept der sogenannten „Schwammstadt“ (engl.: Sponge City) zeigt neue Möglichkeiten auf, durch die Stadtforscher und Innovatoren auf die Klimakrise reagieren und die sich auf Milliarden von Stadtbewohnern auswirken.

Was verbirgt sich hinter dem Begriff „Schwammstadt“?

Ein großes Risiko, das der Klimawandel für Städte mit sich bringt, sind Überschwemmungen aufgrund unvorhersehbarer und extremer Wetterphänomene. Schwammstädte sind urbane Ökosysteme, die darauf ausgelegt sind, Überschwemmungen zu nutzen, anstatt sie deren Lebensgrundlagen zerstören zu lassen. Diese Städte nutzen biophile städtische Gestaltungselemente wie begrünte Dächer, offene Grünflächen und miteinander verbundene Gewässer, die das Wasser auf natürliche Weise zurückhalten und filtern können.

Prof. Kongjian Yu, ein chinesischer Landschaftsarchitekt, der eine neue Umwelt-Ästhetik entwickelt und als „Architekt der Schwammstädte“ bekannt ist, glaubt, dass Überschwemmungen nicht das eigentliche Problem sind, solange sie kontrolliert werden können.

„Was wir bisher getan haben, war völlig falsch“, sagt er und verweist darauf, dass moderne Städte dazu neigen, betonierte Wasserstraßen zu nutzen, um Überflutungen in Seen oder Meere abzuleiten.

„Was wir stattdessen tun sollten, ist, altes Wissen wiederzubeleben“, fügt Prof. Kongjian Yu hinzu.

Welche Vorteile bieten Schwammstädte?

Mit Hilfe von Schwammstädten, so Prof. Kongjian Yu, haben Stadtplaner die Möglichkeit, miit der Natur zu arbeiten, statt gegen sie. Zwar gibt es keine einheitliche Formel für den Bau von Schwammstädten, gemeinsam ist ihnen jedoch, dass durch deren komplexes Ökosystem circa siebzig Prozent des Hochwassers sinnvoll genutzt werden kann.

Die Speicherung und Wiederverwendung des Hochwassers hilft Städten nicht nur, schlimme Folgen von Überschwemmungen zu vermeiden, sondern bringt sogar Vorteile mit sich. Schwammstädte sorgen für mehr sauberes Wasser für die Einwohner, da durch deren ökologisch sinnvolle Gestaltung das Wasser auf natürliche Weise gefltert wird.

Das System minimiert zudem die Belastung der städtischen Entwässerungs- und Wasserversorgungsnetze und verringert gleichzeitig das Risiko neuer Überschwemmungen. Außerdem verbessern grünere Stadtviertel die Lebensqualität.

„Die Philosophie, die hinter einer Schwammstadt steckt, folgt der Philosophie der Innovation: die Stadt kann Wasserprobleme lösen, statt sie zu schaffen. Auf lange Sicht werden Schwammstädte den Kohlendioxidausstoß reduzieren und zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen“, sagte Qiu Baoxing, Präsident der Chinesischen Gesellschaft für Stadtstudien und der Gesellschaft für Stadtplanung sowie ehemaliger Vizeminister für Wohnungsbau und städtisch-ländliche Entwicklung in China in einem Bericht im Guardian.

Künftig verringern Schwammstädte auch die Risiken, die vom steigenden Meeresspiegel ausgehen werden.

Solide Zukunftsperspektiven

641 von 654 chinesischen Großstädten sind von Überschwemmungen betroffen. Eine dieser verheerenden Katastrophen in Peking im Jahr 2012 wirkte wie ein Weckruf. Das ostasiatische Schwergewicht fungiert nun als Pionier für die Errichtung neuer Schwammstädte in urbanen Zentren. Gegenwärtig gibt es 16 Pilot-Projekte für Schwammstädte – bis 2030 soll die Zahl auf dreißig erweitert werden.

Da nicht nur China anfällig ist für städtische Überschwemmungen, etablieren sich Schwammstädte auch an anderen Orten der Welt. Die Vereinigten Staaten und Indien gehören zu den Ländern, die in Schwammstädte als Lösung für den städtischen Klimawandel investieren.

Diese umweltfreundliche Infrastrukturinnovation, die sich weltweit verbreitet, gestaltet Städte widerstandsfähiger, indem sie sie wieder an den Rhythmus der Natur anpasst.

„Überschwemmungen sind nicht feindlich“, fügt Prof. Kongjian Yu hinzu. „Wir können uns mit Überschwemmungen anfreunden. Wir können uns mit Wasser anfreunden“.

dormakaba Redaktionsteam

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