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Fünf inspirierende Beispiele für humanitäre Architektur

Building, Architecture, Ornament

„Fang da an, wo es möglich ist“, so in etwa lautete das Motto des in Afghanistan geborenen Architekten Nabeel Hamdi, der in den 1960er Jahren zu den Pionieren der humanitären Architektur gehörte. Seitdem haben viele Gesellschaften auf der ganzen Welt Kriege und Naturkatastrophen erlebt.

Typischerweise unter schwierigen Bedingungen und mit knappen Ressourcen gebaut, wirken Beispiele humanitärer Architektur oft als Impulsgeber, um auch andere bedürftige Gemeinschaften schnell mit Unterkünften und Einrichtungen für die Bildungs- und Gesundheitsversorgung oder zur Förderung des Gemeinwohls zu unterstützen.

Vor Jahren, als ich sagte, Architekten sollten sich in humanitären Fragen engagieren, haben mich die Leute ausgelacht. Beim Design geht es nicht nur um Ästhetik, es geht um Problemlösung, und wir haben einen Planeten, der von Problemen geplagt ist.

Cameron Sinclair, Mitbegründer von Architects for Humanity

Seit den 1960er Jahren setzen viele Architekten ihre Fähigkeiten ein, um dringliche Probleme zu lösen und deren verheerende Auswirkungen anzugehen. Die folgenden fünf Beispiele für humanitäre Architektur zeigen beispielhaft, wie Gebäude und Design hilfsbedürftige Bevölkerungsgruppen auf eine menschenwürdige, praktische und ästhetisch ansprechende Weise unterstützen können.

Ein innovatives Flüchtlingszentrum in Deutschland

Durch den Krieg, der 2011 in Syrien ausbrach, wurden mehr als sechs Millionen Menschen vertrieben. Eine halbe Million von ihnen suchte in Deutschland Asyl. Mindestens 12.000 dieser Menschen wurden in einem Lager der Stadt Mannheim untergebracht.

Hier errichteten 18 Architekturstudenten der Universität Kaiserslautern in Zusammenarbeit mit 25 Flüchtlingen ein Gemeinschaftshaus aus Holz.

Laut Aussage der Architekturstudenten seien die Flüchtlinge gut mit dem Nötigsten versorgt, jedoch präsentiere sich die unmittelbare Umgebung als recht trostlos und es bestehe ein Mangel an hochwertigen Gemeinschaftsräumen. Mit der Fertigstellung des beeindruckenden Gebäudekomplexes, dessen ornamentale, hölzerne Gitterwände angenehme Licht- und Schattenreflexe verursachen, ist nun einen Teil dieses Bedarfs gedeckt.

Ein Kinderkrebszentrum in Ruanda

Während die Heilungsrate bei Krebs im Kindesalter in den Industrienationen heutzutage bei über 80 Prozent liegt, betrug sie in den 1960er Jahren nur circa 10 Prozent. Fehlender Zugang zu leistungsfähigen Gesundheitseinrichtungen verursacht häufig ein globales Ungleichgewicht: bei mehr als 80 Prozent der krebskranken Kinder in ärmeren Ländern besteht keine Aussicht auf Heilung..

Hochmoderne Gesundheitseinrichtungen wie das Butaro Cancer Center of Excellence in Ruanda könnten dies ändern und die große weltweite Kluft in den Überlebensraten überwinden.

Dieses von der MASS Group entworfene Krankenhaus bietet für die Kinder der armen und unterversorgten Bevölkerungsgruppe eine kostengünstige und hochmoderne Krebsbehandlung.

Ein kulturell sensibles Waisenhaus im Iran

Neben der Aufgabe, wichtige Grundbedürfnisse zu decken, beinhalten gute Beispiele für humanitäre Architektur auch kulturelle Sensibilität. Diese sorgt dafür, dass die Projekte ihre Wirkung optimal entfalten können.

Das in Teheran ansässige Architekturbüro ZAV Architects hat genau dies in Zusammenarbeit mit dem Habitat for Orphan Girls, dem gemeinnützigen Mädchen-Waisenhaus, durch das erst kürzlich fertiggestellte Wohnheim erreicht.

Das Waisenhaus wurde 2018 mit dem Architectural House Award ausgezeichnet. Die Architektur sollte den Mädchen nicht nur Gemeinschaftsflächen sowie private Bereiche und Schlafstätten bieten, sondern auch die Möglichkeit zum sozialen Austausch untereinander. Verschließbare Balkone, deren Aufmachung gewechselt werden kann, gewähren den 7- bis 16-jährigen Mädchen ein sicheres, wohnliches Umfeld, in dem sie lernen, spielen und sich weiter entwickeln können.

Eine Papp-Kathedrale in Neuseeland

2011 wurde Christchurch, Neuseelands zweitgrößte Stadt, von einem heftigen Erdbeben heimgesucht, das 181 Menschenleben forderte. Die Katastrophe verwüstete auch das Stadtzentrum und zerstörte viele der historischen Gebäude, wie die berühmte Kathedrale von Christchurch.

Um die Stimmung in der Stadt wieder zu verbessern und das Bedürfnis nach einem Ort für sozialen Austausch und Religionsausübung zu stillen, baute Shigeru Ban innerhalb kurzer Zeit die Kathedrale aus Karton. Der japanische Architekt Ban ist bekannt für seine temporären Konstruktionen aus Papier und Pappe, um in Krisengebieten Gebäude schnell und kostengünstig zu erstellen.

Das Ergebnis ist ebenso beeindruckend wie verblüffend einfach: Die aus 96 gleichgroßen Kartonageröhren und aus acht stählernen Containern bestehende A-Rahmen-Konstruktion dient nun der Öffentlichkeit so lange, bis sie durch eine dauerhafte Konstruktion ersetzt wird.

Räume für den Frieden in Venezuela

Venezuela ist eines der am stärksten urbanisierten Länder Südamerikas. In den letzten Jahren stürzte das Land jedoch in eine wirtschaftliche und politische Krise, die einen Anstieg der Gewalt in den Städten verursachte.

Das Projekt Espacios de Paz (Räume für den Frieden) des lokalen Architekturbüros PICO Estudio richtete fünf Sicherheitszonen in einigen der unruhigsten Stadtviertel Venezuelas ein.

In fröhlichen, leuchtenden Farben und mit geometrischen Mustern gestaltet, bieten diese fünf Zonen sichere Bereiche für Familien und Kinder, in denen sie sich treffen, lernen und spielen können.

Das humanitäre Architekturprojekt, das 2015 mit dem Architecture Sans Frontiere Award (ASF) ausgezeichnet wurde, brachte bereits tiefgreifende Veränderungen in den fünf städtischen Gemeinden, in denen es umgesetzt wurde.

dormakaba Redaktionsteam

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